Projektleiter Rüdiger Däumer, Autobahn GmbH, gibt Einblicke in den aktuellen Planungsstand und die nächsten Schritte des Projektes, erläutert warum die Rheinspange ein Vorreiterprojekt in der Beteiligung der Öffentlichkeit ist, und blickt auf Herausforderungen und Ziele für die weitere Projektplanung.
Die Vorplanung im Projekt Rheinspange 553 ist fast abgeschlossen – aktuell steht das Linienbestimmungsverfahren an. Was bedeutet das genau?
Derzeit befinden sich die Unterlagen zur Linienbestimmung im Prozess der Abstimmung mit dem Fernstraßen-Bundesamt. Nach der Eröffnung des
sogenannten Verwaltungsverfahrens zur Linienbestimmung durch das Fernstraßen-Bundesamt haben alle, die sich für das Projekt interessieren, die Möglichkeit, die
Unterlagen einzusehen und zu den Umweltauswirkungen Stellung zu beziehen. Im
nächsten Schritt bestimmt das Fernstraßen-Bundesamt die Linie, entscheidet also
final über die Vorzugsvariante.
Der Bau einer neuen Autobahn ist ein komplexes Projekt,
das viele Akteure betrifft und neben öffentlicher Unterstützung auch Kritik
ausgesetzt ist. Bei der Rheinspange 553 wird daher auf einen umfangreichen
Dialog gesetzt. Wie stellt die Autobahn GmbH sicher, dass alle wichtigen
Perspektiven gehört werden?
Es ist uns sehr wichtig, einen transparenten Prozess zu gestalten, der die Öffentlichkeit nicht nur informiert, sondern auch wirklich einbindet. Hierfür wurde ein umfangreiches Beteiligungskonzept erarbeitet. Neben einem breit besetzten Dialogforum und einem politischen Begleitkreis, die den gesamten Prozess in regelmäßigen Sitzungen begleiten, gibt es zum Beispiel Workshops im Rahmen von Planungswerkstätten. Die erste Planungswerkstatt hat bereits 2019 stattgefunden. Hier konnten Bürgerinnen und Bürger aus der Region aktiv mitdiskutieren und ihre Standpunkte einbringen. Infomärkte und Infomessen ermöglichen Interessierten den direkten Dialog mit Planungsbüros sowie Gutachterinnen und Gutachtern. Mit unserem innovativen Beteiligungskonzept schaffte es die Rheinspange 553 als kreatives Beispiel für zeitgemäße Beteiligungskultur unter die drei Finalisten für den Deutschen Ingenieurpreis – das zeigt uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind.
Kritiker*innen des Projekts verweisen darauf, dass die zunehmende Automatisierung von Fahrzeugen in absehbarer Zeit zu einem gleichmäßigeren Verkehrsfluss beitragen wird. So könnte die Kapazität der bestehenden Autobahnen deutlich erhöht und der Bedarf an Ausbauprojekten reduziert werden. Wie ordnen Sie diese Aussagen ein?
Ein Kapazitätsgewinn durch eine vernetzte Fahrzeugflotte erscheint aus heutiger Sicht grundsätzlich möglich. Bis es zu einer vollständig vernetzten Fahrzeugflotte kommt, werden sich autonome Fahrzeuge und Fahrzeuge mit menschlichen Fahrerinnen und Fahrern die vorhandenen Straßen teilen. Wie lange dieser Zustand andauert und wie sich dieser Mischverkehr auf die Kapazität der Straße letztlich auswirkt, kann zurzeit nicht abschließend beantwortet werden. Die Vorhersagen hierzu gehen weit auseinander und bedürfen der weiteren Forschung.
Sie leiten das Projekt. Was waren für Sie die Highlights der bisherigen Projektlaufzeit?
Für mich sind das mein hervorragendes Projektteam sowie die zuverlässigen und mit einer hohen Expertise ausgestatteten externen Dienstleister, die sich an diesem Projekt beteiligen.
Ein weiteres Highlight war die Veranstaltung der Planungswerkstatt, bei der in angenehmer Arbeitsatmosphäre ein konstruktiver Dialog mit ausgewählten Bürgerinnen und Bürgern entstand. Trotz unterschiedlichster Standpunkte waren ein gemeinsamer Austausch und ein persönliches Kennenlernen möglich. Das gemeinsame Arbeiten am Projekt schaffte Vertrauen und wirkte sich positiv auf die weitere Zusammenarbeit aus.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft der Rheinspange?
Vor allen Dingen, dass wir die sehr gute Zusammenarbeit im Projektteam und den intensiven Dialog mit der Öffentlichkeit fortführen! Für einen konstruktiven öffentlichen Diskurs wünsche ich mir insbesondere, dass dieser sach- und faktenorientiert erfolgt und nicht auf Pauschalurteilen basiert. Dann können gemeinsam die konkreten Zusammenhänge und Herausforderungen der Rheinspange 553 in diesem hochsensiblen Raum erörtert werden.
3 Antworten
Ich würde mal gerne erfahren, wie die Experten zum Breass-Paradoxum denken und wie der Fernverkehrsanteil grundsätzlich bei Neuauprojekten gemessen wird und definiert ist. Würde nach Autobahnbau die Entlastungsfunktion jemals nachgewiesen?
Sehr geehrter Herr Müller-Scholtes,
das Braess-Paradoxon beschreibt ein interessantes Phänomen in Netzwerken, insbesondere in Verkehrs- und Stromnetzen. Es wurde 1968 von dem deutschen Mathematiker Dietrich Braess entdeckt. Das Paradoxon zeigt, dass das Hinzufügen einer neuen Verbindung oder Straße in einem Netzwerk die Gesamtsituation verschlechtern kann, obwohl es intuitiv nach einer Verbesserung aussieht.
Intuitive Betrachtungen spielen bei dem Projekt jedoch keine Rolle. Hier gibt es ein Verkehrsmodell, welches die unterschiedlichen Parameter konkret berechnet. Der Fernverkehrsanteil wird nicht gemessen, sondern in einem Prognosemodell berechnet.
Der Fernverkehr bezieht sich auf den Transport von Personen oder Gütern über lange Distanzen. Im Allgemeinen wird eine Strecke von mehr als 50 Kilometern oder eine Fahrtzeit von mehr als einer Stunde als Fernverkehr betrachte. Ob zukünftig Studien erstellt werden, die das Verkehrsmodell bestätigen, kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht beantwortet werden.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Rheinspange-Team
Die neue Rheinquerung ist sehr sinnvoll.
Die Auftraggeber sollten jedoch zwingend und unter Berücksichtigung und Haftung der Verantwortlichen dafür Sorge tragen, daß die prognostizierten Kosten nicht, wie bei öffentlichen Projekten fast schon die Regel, nicht später bei 300 oder 400 Prozent liegen.
Immerhin sind dies Steuergelder!!