In diesem Artikel möchten wir Ihnen erläutern, wie das Verkehrsmodell erstellt wurde und wie es genutzt wird, um die verkehrlichen Auswirkungen der Rheinspange 553 zu ermitteln. Wie wird sich der Verkehr in der Region entwickeln? Wie aktuell sind die Daten und inwiefern finden Trends, wie z.B. die vermehrte Arbeit im Home-Office, Berücksichtigung?
Die Datengrundlage
In der großräumigen Verkehrsuntersuchung wurden zunächst die heutigen Verkehrsbelastungen und Verkehrsrouten erhoben. Dafür wurden 2018 an verschiedenen Werktagen und über unterschiedliche Zeiträume hinweg Verkehrszählungen beziehungsweise Verfolgungszählungen durchgeführt. Dabei wurden alle auftretenden Kfz-Ströme, aufgeteilt nach Fahrzeugart und Fahrtrichtungen, in 15-Minuten-Intervallen erfasst. Neben manuellen Zählungen erfolgte die Verkehrszählung an stark befahrenen Stellen auch mit Hilfe von Videokameras.
Die neu erhobenen Daten bilden zusammen mit bereits vorhandenen Datensätzen, wie beispielsweise der Straßenverkehrszählung 2015 und den Daten der kontinuierlichen Verkehrszählungen der Verkehrszentrale Leverkusen (Dauerzählstellen), die Grundlage für den Aufbau eines Verkehrsmodells.
Für die Prognose der zukünftigen Verkehre fließen jedoch nicht nur die Zählergebnisse, sondern auch Erwartungen zu allgemeinen Entwicklungen in der Region ein. Unter anderem die allgemeine Verkehrsentwicklung, die wirtschaftliche Entwicklung, die demographische Entwicklung, die strukturelle Entwicklung sowie die anstehenden Änderungen im Verkehrsnetz. Diese Faktoren können das zukünftige Verkehrsaufkommen erheblich beeinflussen. Beispielsweise bedeuten mehr Menschen oder mehr Unternehmen in der Region natürlich auch eine Zunahme des Verkehrs.
In der Verkehrsprognose für die Rheinspange werden alle Maßnahmen berücksichtigt, die wie die Rheinspange in den „Vordringlichen Bedarf“ des aktuellen Bundesverkehrswegeplans (BVWP 2030) eingestuft worden sind oder gegenwärtig einen verfestigten Planungsstand aufweisen (beispielsweise der 8-streifige Ausbau der A4, der Ausbau an der A1 inkl. Leverkusener Brücke und der Ausbau der A565 inkl. Friedrich-Ebert-Brücke in Bonn). Erfahren Sie hier mehr dazu, wie die Planungen der Rheinbrücken zusammenhängen.
Corona und die Verkehrszahlen
Oft wird in Frage gestellt, dass es nach der Corona-Pandemie weiterhin so viel Verkehr geben und die Prognosen Bestand haben würden. Unmittelbar mit den ersten Einschränkungen im März 2020 kam es tatsächlich zu einem erheblichen Rückgang der Verkehrsmengen. Dieser war jedoch zunächst temporärer Natur: Nach Angaben der Bundesanstalt für Straßenverkehr BASt lagen die Kfz-Verkehrsstärken nach einiger Zeit wieder im Bereich der üblichen Belastung. Eine neue Verkehrszählung für ganz Deutschland sollte ursprünglich letztes Jahr stattfinden, wurde aber ins laufende Jahr verschoben und im April 2021 begonnen.
Es ist natürlich möglich, dass die Pandemie dauerhafte Auswirkungen auf das Arbeits- und Mobilitätsverhalten der Menschen hat. Derzeit kann allerdings noch nicht gesagt werden, inwiefern dies zu Veränderungen der Verkehrsmengen führen wird. Die aktuelle Verkehrsprognose für die Rheinspange basiert auf der derzeit gültigen Bundesverkehrswegeplanung. Diese Planung wird in regelmäßigen Abständen aktualisiert. In diesem Zusammenhang werden auch neue gesellschaftliche Entwicklungen, wie etwa die ggf. zunehmende Arbeit im Homeoffice, berücksichtigt. Sobald eine entsprechende Aktualisierung vorliegt, wird auch die Verkehrsprognose angepasst.
Der Prognose-Bezugsfall 2030 – die “Null-Variante”
Auf der Basis des Verkehrsmodells konnten die Verkehrsverhältnisse für das Jahr 2030 prognostiziert werden. Betrachtet wird dabei auch der Prognose-Bezugsfall 2030, also der zukünftige verkehrliche Zustand ohne Rheinspange. In der Verkehrsuntersuchung bietet diese Bezugsvariante, umgangssprachlich oft als “Null-Variante” bezeichnet, einen wichtigen Orientierungspunkt. Sie dient dazu, die verkehrlichen Auswirkungen einer Variante im Vergleich mit der Verkehrssituation im Jahr 2030 ohne eine neue Rheinquerung zu betrachten und sie mit anderen geplanten Varianten zu vergleichen. Als Referenzpunkt für die verkehrliche Bewertung der verschiedenen Varianten spielt die Bezugsvariante in der Planung also eine wichtige Rolle. Sie wird jedoch nicht selbst, wie vielfach gefordert, als Variante untersucht, weil eine „Null-Variante“ nicht dem Planungsauftrag der Autobahn GmbH entspricht. Vielmehr gilt es ja gerade zu ermitteln, ob und wie eine neue Rheinquerung im Planungsraum möglich ist. Erweisen sich Varianten als nicht vorteilhaft gegenüber der Bezugsvariante, werden sie auch nicht weiterverfolgt.
Was zeigt der Prognose-Bezugsfall?
Der Prognose-Bezugsfall zeigt z.B., wie stark der Verkehr bis zum Jahr 2030 auf den beiden Rheinbrücken in Rodenkirchen und Bonn zunimmt, wenn keine Rheinspange realisiert wird: Über die Rodenkirchener Brücke etwa würden dann im durchschnittlichen täglichen Verkehr (DTV) bis zu 23.700 Kfz/24h mehr den Rhein queren als noch 2018. Dabei sind die Auswirkungen geplanter Ausbaumaßnahmen an anderen Rheinquerungen bereits mit eingerechnet. Dies bestätigt den Bedarf für die Rheinspange 553.
Anhand von zwei exemplarischen Prognose-Planfällen der Rheinspange, die mit dem Prognose-Bezugsfall verglichen werden, lässt sich der Entlastungseffekt ableiten, den die Rheinspange im Jahr 2030 für die Rodenkirchener und die Bonner Friedrich-Ebert-Brücke hätte. Bei einem nördlichen Prognose-Planfall wird die Rodenkirchener Brücke gegenüber dem Prognose-Bezugsfall um bis zu 18.900 Kfz/24h entlastet. Für die Friedrich-Ebert-Brücke bedeutet dieser Planfall bis zu 8.800 Kfz weniger am Tag. Ein südlicher Planfall entlastet die Rodenkirchener Brücke im DTV mit bis zu 12.600 Kfz/24h, die Friedrich-Ebert-Brücke mit bis zu 13.600 Kfz/24h.
Eine ausführlichere Übersicht bietet die folgende Tabelle:
Verkehrsbelastungen (Kfz/24h im Durchschnitt) | |||
Rheinspange (Rheinquerung) | Rodenkirchener Brücke | Friedrich-Ebert-Brücke | |
Bestandsaufnahme 2018 | – | 135.000 | 105.300 |
Prognose-Bezugsfall 2030 („Null-Variante“) | – | 158.700 | 118.900 |
Nördlicher Prognose-Planfall 2030 | 63.700 | 139.800 | 110.100 |
Südlicher Prognose-Planfall 2030 | 47.800 | 146.100 | 105.300 |
Wie wird die verkehrliche Wirkung für die Variantenauswahl ermittelt?
Für die Auswahl der vertiefend zu untersuchenden Varianten der Rheinspange wurde eine verkehrliche Bewertung aller 17 sich aufdrängenden Varianten vorgenommen. Dafür wurden aufwändige Berechnungen im Detail bei vier Varianten durchgeführt, die den gesamten Planungsraum abdecken. Die Bewertung der übrigen Varianten erfolgte dann, unter Berücksichtigung der Ergebnisse der vier detailliert untersuchten Varianten, anhand ihrer relativen Lage, Trassierung und der Anbindungspunkte. Hierbei wurden drei Kriterien herangezogen: die Veränderung der Reisezeiten, der Betriebskosten und der Zuverlässigkeit. Als Ergebnis konnte eine Rangfolge der Varianten anhand der verkehrlichen Wirkungen erstellt werden.
In diesem Video erfahren Sie mehr über die Bewertung der verkehrlichen Wirkung der Rheinspange 553 für die Auswahl der vertiefend zu untersuchenden Varianten.
In der nun stattfindenden vertiefenden Untersuchung werden Berechnungen für jede der zwölf übrigen Varianten angestellt, sodass jede einzelne Variante individuell und detailliert auf ihre verkehrliche Wirkung geprüft wird. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass bei der Auswahl der Vorzugsvariante auch die verkehrlichen Belange angemessen berücksichtigt werden können.
5 Antworten
Sehr geehrtes Rheinspangen-Team,
mir ist bewusst, dass die Autobahn Gmbh mit der Planung einer Brücke oder eines Tunnes beauftragt wurde. Ihre Motivation ist daher nachvollziehenbar.
Meine Motivation ist es
a) Immense Summen an Steuergeldern anstatt in neue Beton- oder Asphaltflächen in Bildung und Umweltschutz zu investieren.
b) bis 2030 durch intelligente Logistikkonzepte Lastverkehr und durch intelligentes Zeitmanagement im Beruf Pendelverkehr zu reduzieren.
Doch selbst wenn mangels Vernunft von politischen und wirtschaftlichen Entscheidern der Verkehr auf den beiden Brücken wie von Ihnen prognostiziert um insgesamt 37.300 Fahrzeuge zunimmt, dann besteht dennoch die Chance, dass intelligentes Logistik- und Zeitmanagement es bis 2030 schaffen 37.300 Fahrzeuge in die Nachtstunden von 22 bis 6 Uhr zu verlagern.
Wenn man nämlich davon ausgeht, dass 90 % der von Ihnen 2018 auf beiden Brücken gezählten Fahrzeugen wochentags zwischen 6 und 22 Uhr fahren, dann besteht ein enormes Potential durch Zeitmanagement die Straßen gleichmäßiger und dadurch auch staufreier auszulassen. Eine bessere Verteilung des DTV der beiden Brücken (sowie auch anderer Straßen) innerhalb der 24 Stunden macht also auch 2030 eine Rheinspange überflüssig.
Die Verlagerung des Transit LKW Verkehrs in die Nachtstunden zwischen 22 und 6 Uhr würde nicht nur verkehrliche Entlastung tagsüber für Berufspendler, Handwerker und Lieferanten bringen, sondern auch die Wegezeit des Transitverkehrs massiv reduzieren, da Stauzeiten wegfielen. Ein gesamtwirtschaftlicher Nutzen wäre das Resultat.
Als Abschluss noch ein politischer Seitenhieb: wenn dem seit Jahren von einer bayerischen Partei dominierten BMVI soviel an neuen Autobahnen liegt, dann sollen diese Neubauten auch bitte in Bayern stattfinden. NRW hat bereits mehr als genug versiegelte Fläche.
Mit freundlichem Gruß
Uli
Sehr geehrtes Rheinspangen-Team,
die Belastungen 2030 der Rheinbrücke Rodenkirchen und der Bonner Nordbrücke können ohne weiteres durch geeignete Neubauten an dortiger Stelle aufgenommen werden. Es gibt unzählige Beispiele, die Sie selber besser kennen als wir Betroffene, siehe z.B. Rheinbrücke Krefeld oder Ausbau A1 AD HH Südost-AD HH Stillhorn mit zwei Elbbrücken. Ein nennenswerter zusätzlicher Vorteil durch die Rheinspange ist nicht zu erkennen, zumal bis 2030 auch die Stadtbahn Bonn-Niederkassel-Köln die rechtsrheinischen Orte insgesamt viel besser und ökologisch weitaus sinnvoller anbindet.
Mit freundlichen Grüßen,
CT
Sehr geehrter Nutzer,
haben Sie vielen Dank für Ihren Beitrag. Für das Projekt Rheinspange 553 wurde eine großräumige Verkehrsuntersuchung erstellt, welche den Ballungsraum Köln-Bonn betrachtet. In dieser Verkehrsprognose für das Jahr 2030 wurden alle weiteren Straßenbaumaßnahmen und ÖPNV-Projekte in der Region, deren Durchführung hinreichend wahrscheinlich ist, bereits als umgesetzt betrachtet: Unter anderem der Ausbau der A4 mit der Rodenkirchener Rheinbrücke, der Ausbau der Bonner Friedrich-Ebert-Brücke und die Stadtbahn Bonn-Niederkassel-Köln. Die Untersuchung zeigt, dass der Bedarf für die Rheinspange 553 auch mit diesen Maßnahmen gegeben ist.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Rheinspange-Team
Sehr geehrtes Rheinspangenteam,
als einer der Initiatoren aus der Chemieindustrie kommend, möchte ich an dieser Stelle die mal die wirklich sehr gute Transparenz der Untersuchungen des Projekteams herausstellen, die sie von Projektbeginn an kontinuierlich zeigen. Diskussionen die dabei entstehen können nun fachlich auf Basis von Fakten geführt werden und die bisherigen Ergebnisse bestätigen auch weiterhin die klare Notwendigkeit dieser Rheinquerung in einem immer mehr wachsenden urbanen und wirtschaftlichen Raum zwischen den Städten Köln und Bonn.
In Ihren Untersuchungen haben sie auch gezeigt, dass die eingesparten km und damit die Emissionsreduzierungen im Hinblick unser aller Zielsetzung von Klimaschutzanstrengungen durch kürzere Punkt-Punkt Verbindungen erheblich sind und definitiv eine Entzerrung der Verkehre damit erfolgen kann und wir wieder planbarere
Verkehrsverbindungen erhalten. Diese notwendige Zielsetzung für alle Verkehre, kann nicht erreicht werden, in dem wir die Logistikleistungen auf die Nacht verlegen oder verbannen, mal ganz abgesehen von den Folgen für das Fahrermanagement und die Attraktivität, Dazu kommen zusätzlichen Kosten für Nachtarbeit und es fehlen Ausgleichsmöglichkeiten einer Wechselschicht. Aber es ist gut dass wir solche Diskussionen ergebnisoffen führen und Ergebnisse daraus zukünftig auch berücksichtigen .
Weiter so!
mit besten Grüßen
G. Deimel
Sehr geehrte Damen und Herren,
es muss mich doch überraschen, dass in diesem Forum immer wieder die Verlagerung von Transportfahrten in die Nachtstunden als Alternative zu einem sachgerechten Ausbau der Verkehrswege vorgeschlagen wird.
Sowei es mir bekannt ist, gilt Nachtarbeit in der Bundesrepublik Deutschland nur dann als ethisch empfehlenswert, wenn diese aus zwingender sachlicher oder wirtschaftlicher Notwendigkeit unbedingt erforderlich ist. Dies ist beispielsweise bei Ärzten, Krankenpflegern, Polizisten und Feuerwehrleuten unmittelbar einsichtig – aber auch bei Nachtschichten in der Industrie, ohne die kostenintensive Produktionsanlagen (etwa im Automobilbau oder in der Chemieindustrie) nicht selbst-amortisierend ausgelastet werden könnten.
Ausgerechnet Lastwagentransporte über das ohnehin zwingend notwendige Maß hinaus präferenziell in die Nacht zu verlegen bedeutet, einer bereits gesundheitlich stark betroffenen Berufsgruppe eine zusätzliche gesundheitliche Belastung aufzuerlegen, welche zudem wegen der bei Nachtfahrten müdigkeitsbedingt deutlich erhöhten Unfallgefahr auch noch ein nicht zu unterschätzendes Unfallrisiko für die Allgemeinheit mit sich bringt, etwa bei Kollisionen zwischen Lastwagen und PKWs.
Mit freundlichen Grüßen
Der Rheinanlieger