Frau Wagner stellt dem Dialogforum vor, wie das Schutzgut Klima im Rahmen der Vorplanung berücksichtigt wird. Auch bei der Planung zur Rheinspange 553 ist das Ziel, die Auswirkungen auf das globale und das lokale Klima möglichst gering zu halten. Diese Auswirkungen werden bereits in der Vorplanung berücksichtigt und finden Eingang in die UVS. Die gesetzliche Grundlage hierfür bilden insbesondere § 13 des Klimaschutzgesetzes (KSG) sowie das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG).
Zum Schutzgut Klima wurden bei der Raumanalyse im Rahmen der UVS flächendeckend klimatische Last- und Ausgleichsräume ermittelt. Diese Flächen wurden anschließend hinsichtlich ihrer lufthygienischen Ausgleichsfunktion, ihrer thermischen Belastung und ihrer Vorbelastung bewertet. So erfüllen Wald- und Gehölzflächen wichtige lufthygienische Ausgleichsfunktionen, weil sie Schadstoffe aus der Luft filtern. Von thermischer Belastung sind insbesondere Siedlungsflächen betroffen, während Freiflächen als wichtige Ausgleichsräume dienen. Vorbelastungen bestehen insbesondere durch Verkehr, Industrie, Gewerbe und die Rheinschifffahrt. Die detaillierten Ergebnisse können im Kartenmaterial der UVS nachvollzogen werden.
Beim Variantenvergleich im Rahmen der UVS werden die verschiedenen Varianten der Rheinspange 553 u.a. auf ihre klimatischen Auswirkungen hin verglichen. Beim standardmäßigen Vorgehen stehen die Auswirkungen eines Vorhabens auf das Lokalklima im Fokus. Für jede Variante wird berechnet, wie viel relevante Fläche sie in Anspruch nimmt – im Hinblick auf das Lokalklima sind dies insbesondere Frisch- und Kaltluftentstehungsgebiete sowie Waldflächen.
Vor dem Hintergrund des im August 2021 novellierten Klimaschutzgesetzes werden im Rahmen des Variantenvergleichs zusätzlich die Auswirkungen des Projekts Rheinspange 553 auf die Treibhausgasbilanz untersucht. Dafür soll für jede vertieft zu untersuchende Variante der CO2-Ausstoß errechnet und bewertet werden. Ein Regelwerk, das hierfür einheitliche methodische Vorgaben macht, gibt es jedoch noch nicht. Für die Rheinspange werden die Auswirkungen auf die Treibhausgasbilanz anhand von drei Faktoren ermittelt, um eine möglichst differenzierte Betrachtung zu ermöglichen:
- Verlust von Biotop- und Bodentypen, die CO2 binden können (Ableitung aus der Raumanalyse)
- Treibhausgas-Lebenszyklusemissionen: Die Summe der Treibhausgasemissionen durch Herstellung der verbauten Rohstoffe, Bau und Unterhaltung des Projektes. Diese variiert je nach Länge der Variante und je nachdem, ob Abschnitte mit erhöhtem Materialbedarf enthalten sind, wie z. B. Tunnel oder Brücken (Berechnung nach dem Modell zum Bundesverkehrswegeplan 2030).
- Betriebsbedingte Treibhausgasemissionen: Auf Basis des Verkehrsmodells wird der prognostizierte CO2-Ausstoß durch den Betrieb jeder Variante berechnet.
Alle genannten Kriterien werden bei der Gesamtbewertung für das Schutzgut Klima im Rahmen der UVS berücksichtigt. Für das Frühjahr 2022 wird mit einem Gesamtergebnis der UVS gerechnet, in welchem die Bewertungen aller Schutzgüter zusammenfließen.
Bei der Entwurfsplanung können Kompensationsmaßnahmen zur Vermeidung und zum Ausgleich von CO2-Emissionen geprüft werden. Hier sind beispielsweise die vorrangige Verwendung natürlicher Baustoffe oder Anpflanzungen auf Kompensationsflächen zu nennen.
Fragen von Teilnehmenden
Auf die Frage, ob die regionale Klimawandelvorsorgestrategie für die Region Köln-Bonn in der Abwägung zum Schutzgut Klima berücksichtigt wird, antwortet Frau Wagner, dass eine Strategie als solche kein konkretes Vergleichsmaterial biete. Daher könne sie keine Rolle beim Variantenvergleich spielen. Vorhandene Ausweisungen, wie z. B. Schutzgebiete, werden jedoch berücksichtigt.
Ein Teilnehmer fragt, ob im Variantenvergleich zur Treibhausgasbilanz auch die Nullvariante betrachtet wird. Herr Däumer antwortet, dass eine Null- bzw. Bezugsvariante insofern berücksichtigt werde, als dass für jede Variante die Veränderung im CO2-Ausstoß immer im Vergleich zu dem Fall dargestellt wird, in dem die Rheinspange nicht gebaut wird.
Ein Teilnehmer nimmt Bezug auf die Verkehrsuntersuchung: Sie zeige, dass mit der Rheinspange auf der Rodenkirchener Brücke 19.000 und auf der Bonner Friedrich-Ebert-Brücke 9.000 Kfz pro Tag weniger unterwegs sein werden, in Summe also 28.000 Kfz. Die Rheinspange würde jedoch täglich von 64.000 Kfz genutzt werden. Auf die Frage, wie sich diese Differenz erklärt und wie er sich in der Klimabetrachtung wiederfindet, antwortet Herr Däumer, dass die einfache Gegenüberstellung der genannten Zahlen zu falschen Schlüssen führe. Tatsächlich würden die Rodenkirchener und die Friedrich-Ebert-Brücke deutlich stärker entlastet, als die Zahlen aussagen. Die Entlastung werde jedoch durch Verkehr von anderen Punkten im Netz zum Teil wieder aufgefüllt, der kaskadenförmig in Richtung der Entlastung nachfließt. Der Verkehr im gesamten Netz verteile sich also ausgeglichener, wodurch sich die Zuverlässigkeit des Gesamtsystems verbessere. Gerade dies sei ein Zweck der Rheinspange.
Eine Teilnehmerin merkt an, dass es durch die Rheinspange zu mehr Verkehr in dem Gebiet kommen könnte. Herr Däumer erläutert, dass im Verkehrsmodell der sogenannte „induzierte Verkehr“ berücksichtigt wurde und durch die Rheinspange kein zusätzliches Verkehrsaufkommen im Gesamtsystem zu erwarten sei.
Die Teilnehmerin fragt in Bezug auf den Vortrag von Frau Wagner, ob bei der Flächenberechnung auch die Zu- und Abfahrten berücksichtigt werden, oder lediglich die Streckenabschnitte, die als Brücken oder Tunnel geführt werden sollen. Frau Wagner antwortet, dass bei den Treibhausgas-Lebenszyklusemissionen für jede Variante die Fläche der gesamten Strecke inklusive Anbindung ins nachgeordnete Netz in Quadratmetern berechnet wird.
Des Weiteren bezweifelt die Teilnehmerin die grundsätzliche Notwendigkeit der Rheinspange und verweist auf den Klimawandel. Herr Däumer stellt dar, dass die Rheinspange – in der Variante des Bundesverkehrswegeplanes – sogar eine positive Klimabilanz habe, da durch sie der Verkehr unter anderem flüssiger verlaufe.
Eine weitere Teilnehmerin unterstreicht, dass für diese Fragen nicht die Planungsbehörde, sondern die Politik adressiert werden muss. Es gebe jedoch eine fehlende politische Beschäftigung damit, wie Kfz-Verkehr reduziert werden könne. Außerdem merkt die Teilnehmerin an, dass die Treibhausgasemissionen in der Variantenbewertung auch gegen andere Umweltauswirkungen abgewogen werden müssen: So wiesen beispielsweise Tunnelvarianten vergleichsweise hohe Treibhausgasemissionen auf, während sie in anderen Bereichen aus Umweltsicht große Vorteile besäßen.
Ein Teilnehmer weist auf die Wichtigkeit von Retentionsbecken zum Hochwasserschutz hin. Er fragt, ob diese Becken eine höhere Gewichtung bei der UVS bekommen. Frau Wagner antwortet, dass der Hochwasserschutz beim Schutzgut Wasser in die Bewertung eingeht. Beim Variantenvergleich werden die Kennzahlen dazu veröffentlicht. Jeder Quadratmeter, der bei Retentionsflächen verloren gehen würde, müsste an anderer Stelle ausgeglichen werden.
Ein Teilnehmer gibt der Autobahn GmbH den Hinweis, sich die Klimawandelvorsorgestrategie der Region Köln/Bonn anzuschauen, weil dort u.a. detaillierte Analysen zu Frischluftschneisen und Starkregen zu finden sind und sie die Auswirkungen auf die räumlichen Gegebenheiten darlegt. Außerdem fragt der Teilnehmer, ob es möglich ist, für eine einzelne Variante unterschiedliche Baumaterialien zu vergleichen und die daraus resultierenden CO2 -Werte zu erfassen. Frau Wagner verneint dies, da dies für die Vorplanung zu detailliert ist. In einer späteren Planungsphase, der Entwurfsplanung, ist eine detailliertere Betrachtung möglich. Zusätzlich fragt der Teilnehmer, welche Gewichtung die Untersuchungen der CO2-Emissionen in der Gesamtbewertung bekommen. Frau Wagner legt dar, dass die genaue Gewichtung in der UVS noch nicht feststeht.
Ein Teilnehmer stellt die Frage, ob eine Verlegung der Anschlussstelle bei Wesseling, die mehr Versiegelung bedeute, mit in die Bewertung der Quadratmeterflächen der dortigen Varianten eingehe. Frau Wagner bejaht dies.