Auswahl sinnvoller Varianten: Methodik der Abwägung

Herr Dr. Heß präsentiert, wie mithilfe einer Sensitivitätsanalyse die neun vertiefend zu untersuchenden Varianten ausgewählt wurden. In einem ersten Schritt wurde zunächst eine Basisgewichtung für die Zielfelder und Ziele festgelegt. In der Basisgewichtung fließt das Zielfeld Umwelt mit 30 % in die Bewertung ein, die Verkehrliche Wirkung mit 30 % und die Wirtschaftlichkeit mit 40 %, so dass sich in der Summe 100 % ergeben. Legt man diese Gewichtungskombination an die verschiedenen Varianten an und ermittelt die jeweiligen Zielerreichungsgrade, so ergeben sich Rangfolgen. Die Rangfolge gibt an, welche Varianten unter Beachtung aller Zielfelder am besten abschneiden. Um eine aussagekräftige Bewertung der drei Zielfelder zu erhalten, wurde nicht nur die Basisgewichtung betrachtet, sondern zusätzlich die Variation der Zielfeldgewichtungen in einer sinnvollen Spannbreite. Als höchste Gewichtung eines Zielfeldes wurden 50 % sowie als niedrigstes 25 % festgelegt. Insgesamt wurden acht verschiedene Gewichtungskombinationen betrachtet.

Um aus den vorliegenden Varianten eine Auswahl zu treffen, wurden die Mittelwerte der Zielerreichungsgrade sowie die Mittelwerte der Rangfolgen gebildet. Herr Dr. Heß erläutert, dass aus den Mittelwerten aller Varianten eine Rangfolge erstellt wurde. Diese Rangfolge zeigt entsprechend die Varianten, die über die verschiedenen Gewichtungskombinationen der Zielfelder hinweg im Mittel die besten sind. Herr Dr. Heß erklärt weiter, dass in einem letzten Schritt diese Auswahl nochmals validiert wurde, um zu berücksichtigen, welche Auswirkung eine unterschiedliche Gewichtung der Ziele im eigenen Zielfeld auf die Gesamtrangfolge der Varianten hat. Dazu wurde die Gewichtung der Ziele innerhalb der Zielfelder variiert, dabei aber die Gewichtungen der Zielfelder nicht verändert. Es wurde also eine zweite Sensitivitätsanalyse auf Ebene der Ziele durchgeführt, wie Herr Dr. Heß erläutert. Die Auswahl gilt als valide, wenn die überwiegende Anzahl der Ränge 1 bis 5 in der Gesamtbetrachtung den neun Varianten zuzuordnen ist. Dies ist für alle drei Zielfelder zutreffend und zeigt, dass die Variantenauswahl die Zielfelder Verkehrliche Wirkung, Umwelt und Wirtschaftlichkeit angemessen berücksichtigt, wie Herr Dr. Heß schlussfolgert.

Mehr Informationen zur Methodik der Abwägung erläutert Herr Dr. Heß für die Online-Infomesse der Rheinspange 553 in diesem Video.

In der weiteren Diskussion kommt die Frage auf, ob für die Rheinspange 553 auch Radwege vorgesehen sind. Herr Dr. Heß führt aus, dass der Bau von Radwegen in der Planung bisher nicht berücksichtigt worden ist, da dies in die Zuständigkeit eines anderen Baulastträgers fällt. Weder Straßen.NRW noch die Autobahn GmbH sind für die Planung von Radwegen zuständig. [Jedoch steht mittlerweile fest, dass die notwendigen Betriebswege auf einer Rheinbrücke für den Radverkehr freigegeben werden können. Somit ist eine beidseitige Radverkehrsführung in der Breite von jeweils 3 Metern bei Brückenlösungen möglich. Die Radwege bzw. Betriebswege werden dann auch an das untergeordnete Netz angeschlossen.]Eine Teilnehmerin kritisiert insbesondere die Gewichtung der Ziele für das Zielfeld Umwelt und fragt, ob in der vertiefenden Untersuchung eine andere Gewichtung oder Methodik zum Einsatz kommen könnte. Herr Dr. Heß erklärt, dass eine Festlegung der Zielgewichtung bei der Auswahl im jetzigen Planungsschritt bewusst nicht vorgenommen wurde.

Für die Auswahl der Vorzugsvariante wird im nächsten Schritt wahrscheinlich erneut eine Sensitivitätsanalyse vorgenommen werden. Die Variation der Gewichtung der Zielfelder und der Ziele kann ggf. noch sinnvoll weiterentwickelt werden. Die Methodik der Sensitivitätsanalyse wird an diesem Abend vielfach diskutiert und ruft sowohl kritische als auch zustimmende Reaktionen im Teilnehmerkreis hervor. Für eine stringente Bewertungsmethodik ergänzt Herr Däumer, wäre es jedoch sinnvoll, die Sensitivitätsanalyse in der vertiefenden Untersuchung weiterhin als Methodik beizubehalten oder zumindest mit einer ähnlichen Methodik vorzugehen. Es wird angemerkt, dass einige Naturschutzverbände sich gewünscht hätten, für die Festlegung der Variation der Gewichtung der Umweltziele eingebunden zu werden und die Bewertungskriterien mitgestalten zu können. Herr Carmagnole erklärt, dass bei der Auswahl der Vorzugsvariante zusätzlich zur Mitwirkung im Dialogforum noch eine formale Konsultation der Naturschutzverbände als Träger öffentlicher Belange stattfinden wird.

Ein Teilnehmer äußert Unmut darüber, dass in dem Beteiligungsprozess nicht auch Politiker eingebunden werden. Herr Carmagnole erläutert dazu, dass es neben dem Dialogforum noch einen politischen Begleitkreis gibt, der ebenfalls regelmäßig über die Prozessfortschritte informiert wird. In der nächsten Sitzung des Dialogforums wird es erneut einen kurzen Bericht aus der Sitzung des Politischen Begleitkreises geben, die am 28.10. stattfindet. An dem Politischen Begleitkreis nehmen zudem auch immer „Botschafter“ aus dem Dialogforum teil. Eine Teilnehmerin erfragt, warum die Ziele Wohnbebauung und kulturelles Erbe im Zielfeld Umwelt die gleiche Gewichtung erhalten haben. Hierzu wendet ein weiterer Teilnehmer ein, dass die Gewichtung für Wohnbebauung mit 2,5 Prozent private Belange unzureichend berücksichtigt. Herr Dr. Heß erklärt, dass die Teilziele in der Validierung der Variantenauswahl mit verschiedenen Gewichtungen versehen wurden.

Um die Herleitung der Gewichtung für das Zielfeld Umwelt nochmals zu verdeutlichen, ist das Vorgehen an dieser Stelle nachträglich ergänzt worden: Die Ziele im Zielfeld Umwelt wurden aus den gesetzlich vorgegebenen Schutzgütern abgeleitet. Zunächst mag es so aussehen, dass die in erster Linie ökologisch oder naturschutzfachlich ausgerichteten Ziele gegenüber den Zielen, die vor allem die Menschen betreffen (z.B. das Wohnen, die Erholung) im Vordergrund stehen. Dabei ist jedoch zu bedenken, dass auch die Bewertung diverser ökologisch aufgerichteter Schutzgüter anhand von Kriterien erfolgt, die dem Menschen und damit der Wohnqualität dienen (z.B. Lärmschutz, Trinkwasserschutz, Landschaftsbild). Daher wird der Mensch mit seinen Bedürfnissen über alle Zielfelder hinweg deutlich höher gewichtet als beispielsweise die Denkmalpflege. Diese Vorgehensweise wurde im Vorfeld der Variantenbewertung noch einmal validiert, indem eine Gewichtung der Ziele innerhalb des Zielfeldes Umwelt erfolgte. So wurde u.a. das Ziel Wohnen und Erholen einmal mit 10,2 % und zugleich die Denkmalpflege mit lediglich 1,2 % gewertet. Mit dieser Sensitivitätsanalyse konnte dargelegt werden, dass die Rangfolge der ausgewählten Varianten überwiegend gleichbleibt. Daraus lässt sich schließen, dass alle Schutzgüter –und insofern auch das Zielfeld Wohnen –im Ergebnis angemessen berücksichtigt werden.

Es wird der Wunsch geäußert, dass die Unterlagen zur Vorbereitung auf das Dialogforum im Vorfeld zugesendet werden, damit eine bessere Diskussionsgrundlage entsteht. Herr Carmagnole erläutert, dass alle Präsentationsinhalte, die nicht schon die Ergebnisse vorwegnehmen, im Vorfeld zugesandt wurden, um den Teilnehmenden die Möglichkeit zu geben, sich bereits vorab in die komplexe Methodik eindenken zu können. Ein Teilnehmer bemerkt, dass er die Präsentation von nur einer beispielhaften Variante nicht glücklich findet und sich die Vorstellung einer weiteren Variante mit einer besseren Bewertung als Vergleich gewünscht hätte. Auch bemerkt er, dass die Bewertungsgrundlagen nicht verständlich dargestellt seien. Herr Carmagnole verweist darauf, dass alle Inhalte nochmals ausführlich auf der Website der Infomesse zu finden sind. Auf die Frage, wie die Gewichtungsspanne in den Zielfeldern festgelegt wird, erläutert Herr Dr. Heß, dass es eine Abwägungsentscheidung und letztendlich auch eine politische Entscheidung ist, wie weit die Spanne für die Gewichtungskombinationen der Zielfelder angesetzt wird. So konnte sich auf eine moderate Spannweite mit 50 % als höchste und 25 % als niedrigste Gewichtung verständigt werden.

Auf die Frage, ob sich die Gesamtbauzeit durch die vielen unterschiedlichen Baulose verlängern wird, erklärt Herr Dr. Heß, dass die Baulose so verschachtelt werden, dass parallel gearbeitet werden kann. Die in der Bewertung angegebenen Bauzeiten der Varianten wurden als Gesamtbauzeit pro Trasse betrachtet. Die Teilnehmenden interessiert besonders, ob bei Godorf doch der Bau einer Tunnelvariante möglich wäre, wenn die Trasse im Bereich der Anschlussstelle Godorf in Troglage gebaut werden würde. Hier erklärt Herr Dr. Heß, dass eine solche Variante zwar möglich, aber nicht sinnvoll sei. Der bauliche Aufwand und die Auswirkungen auf die bestehende Infrastruktur sei erheblich größer als bei einer Brückenvariante.

Auf die Frage, ob mit möglichst geraden Trassenverläufen nicht Kosten eingespart werden können und warum dennoch einige Varianten mit schlangenförmigen Verläufen ausgewählt wurden, erklärt Herr Dr. Heß, dass die Streckenlänge einer Trasse im Verhältnis zu den Ingenieursbaukosten nicht ausschlaggebend ist. Komplizierte Knotenpunkte haben größere Effekte auf die Kosten als Abweichungen in der Streckenlänge.

Auf Rückfrage, ob es realistisch sei, dass eine Variante nach der vertiefenden Untersuchung in der Rangfolge von Platz neun auf 1 aufsteigen könnte, erklärt Herr Däumer, dass sich die Rangfolge der Varianten auf jeden Fall noch verändern kann. Es ist jedoch eher unwahrscheinlich, dass eine Variante von Platz 9 auf Platz 1 rutschen wird. Es werden noch weitere ergänzende Untersuchungen vorgenommen, weshalb es durchaus noch Verschiebungen geben kann, sonst bräuchte es keine vertiefende Untersuchung mehr.